Heute wieder ein Fundstück aus vergangenen Tagen. Diesmal, Du hast es am Titel längst erkannt, geht es um Musik und eine Walze. Bleibt jetzt nur zu klären wie genau die beiden zusammenpassen.

Während heute an jeder Ecke zu jeder Tages- und Nachtzeit Musik erschallt, war das in früheren Zeiten nicht ganz so einfach.

Mein Urgroßvater väterlicherseits, Heinrich, ist 1870 geboren und zu seiner Jugend ist es noch nicht so Selbstverständlich Musik zu hören, geschweige denn zu konservieren und zu bewahren.

Aber der Reihe nach.

Ich habe ja bereits in meinem Artikel über das Graphophone AQ (findest Du hier)von der Erfindung der Phonographen durch Thomas Alva Edison aus dem Jahr 1877 berichtet.

Nachdem Edison den Forschungsaufwand im Vergleich zum finanziellen Nutzen seiner Erfindung aber zunächst als zu hoch einschätzt, nehmen sich Chichester Bell und Charles Sumner Tainter dieser Erfindung an und entwickeln sie weiter. Insbesondere geht es Ihnen um die Verbesserung der Aufnahmetechniken und der Wiedergabequalitäten der Sprechmaschine.

Aus den Forschungen der genannten Herren resultiert die Erteilung eines Patents vom 4. Mai 1886 auf einen Wachszylinder mit einem Kern aus Pappe und ein Abspielgerät mit Namen „Graphophon“. Du siehst ein solches Gerät im Hintergrund meines Fotos.

Dies bleibt auch Edison nicht verborgen, er lehnt eine Zusammenarbeit mit Bell und Tainter ab und beginnt selbst auf deren Grundlage die Abspielwalze zu verbessern.

Du musst Dir vorstellen, in den Anfangsjahren wurden diese Walzen direkt von den Künstlern mit der Musik bespielt und besungen. Um mehrere Tonwalzen gleichzeitig aufnehmen zu können, mussten diese zur Darbietung parallel gestartet werden – ein immenser Aufwand.

Im Jahr 1902 erscheint ein Verfahren zur Galvanisierung des Haupttonträgers. Ich zitiere nun Wikipedia:

„Zu diesem Zweck wurde ein Master in eine luftleere Kammer zwischen zwei Elektroden aus Blattgold positioniert, an denen eine Hochspannung anlag. Der dabei entstehende Lichtbogen riss feinste Goldteile von den Elektroden ab, die sich auf der mit gleichmäßiger Geschwindigkeit rotierenden Walze niedersetzen und dort anhafteten. Infolgedessen entstand ein feiner Überzug aus Gold, der sich, nunmehr elektrisch leitend, einer galvanischen Weiterverarbeitung zuführen ließ.

Dabei wurde das Wachsoriginal entfernt und die verbliebene Matrize, eingefasst in ein Messingrohr, in flüssiges Wachs getaucht. Zog man nun die Matrize wieder aus dem Wachs, setzte sich, in Abhängigkeit des Temperaturunterschiedes von Matrize und Wachs, am Metall eine verschieden starke, in ihrer Dicke steuerbare Wachsschicht ab. Die Matrize selbst ließ sich aufgrund des unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Metall und Wachs leicht von der Walzenkopie lösen. Diese als Hartgusswalzen oder Goldgusswalzen bezeichnete Tonträger konnten nun, in passende Form gebracht, dem Verkauf zugeführt werden.“

„Hört sich ganz schön kompliziert an.“

Machen wir es etwas einfacher, mein Fundstück ist also eine Walze auf der, durch verschiedene Verfahren, Musik vorhanden ist, welche mit einem Phonographen durch seinen Tonabnehmer mit Saphir ausgelesen werden kann – die Musik erklingt.

Ganz am Anfang waren die Walzen aus Pappe mit Wachsüberzug, später gab es Gips als Innenmaterial und noch heute kann man Reproduktionen aus Kunststoff erwerben. Letztere haben den Vorteil, sie gehen nicht so schnell kaputt, wenn sie herunterfallen – die Originale zerbröseln sehr, sehr schnell.

Bis etwa 1908 hatte so eine Walze eine ungefähre Laufzeit von etwas über 2 Minuten, ein Lied und es musste gewechselt werden, auch nutzten sich die Walzen mit der Häufigkeit des Spiels ab.

Im Jahr 1908 kamen die „Amberol“ Walzen auf den Markt. Diese konnten immerhin 4 Minuten abspielen, allerdings benötigte man hierzu spezielle Abspielgeräte, da die Schallrillen kleiner waren.

Manche Phonographen können beide Walzentypen abspielen, man muss dann den Saphir am Tonabnehmer verstellen und die Spindel am Gerät mit einer Schraube verstellen. Zu dieser Zeit kommt auch der Edison Fireside Phonograph auf den Markt.

Um sie zu schützen werden die Walzen in runden Pappboxen mit einer Stoffausgleidung aufbewahrt. Es gibt sogar richtige Walzenschränke mit hölzernen „Dornen“ auf welche die Walzen aufgesetzt werden können.

Auch gibt es noch weitere Formate, welche nur mit speziellen Abspielgeräten benutzt werden können. Ich hatte beispielsweise ein spezielles „Busy-Bee“ Graphophone, welches nur zugehörige Walzen abspielen konnte, mittlerweile habe ich dieses nach Rußland verkauft.

Die letzten Walzen werden im Jahr 1929 hergestellt, da hat längst der Plattenspieler bzw. das Grammophon seinen Siegeszug angetreten, aber dies ist eine andere Geschichte.

Und wie hört sich die Musik an?

Hm, etwas blechern, aber durchaus passend.

Es grüßt Dich

Björn :)

Björn
Letzte Artikel von Björn (Alle anzeigen)
0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.