ALTE FUNDSTÜCKE

Alte Fundstücke auf Alltagserinnerungen.de Jeden Tag verlöschen die Feuer der Erinnerung. Damit sie nicht unwiederbringlich verloren gehen halte ich sie am Leben. Heute: Persil oder der Persilschein.

 

Die Geschichte beginnt.

Unsere Geschichte beginnt im Jahr 1876 mit der Gründung der Waschmittelfabrik Henkel & Cie durch Friedrich Karl Henkel („Fritz“) in Aachen.

Bereits von Beginn an wurden Waschmittel hergestellt, unser Fundstück war nicht dabei.
Der erste große Markenerfolg war „Henkel´s Bleich-Soda“. Dieser Erfolg war so groß, dass die vorhandene Fabrik nicht ausreichte und ein neues Werk errichtet wurde.

Am 6. Juni 1907 erschien im Düsseldorfer Stadtanzeiger eine Anzeige mit folgendem Inhalt:

In allernächster Zeit kommt das neue Waschmittel „Persil“ auf den Markt, mit dem man durch einmaliges Kochen, ohne Mühe, ohne Reiben, blendend weiße Wäsche erzielt, dabei garantiert der Fabrikant die absolute Unschädlichkeit für die Wäsche. Vollständig ungefährlich bei beliebiger Anwendung. Passen Sie auf, Annoncen geben bekannt, wann „Persil“ zu haben ist.

Die Forscher von Henkel & Cie hatten ein Waschmittel erfunden, welches als „selbsttätiges Waschmittel“ bezeichnet wurde. Die mühsame Arbeit mit dem Waschbrett sollte damit hinfällig werden. Chemikalien entlasteten die Hausfrau (ja, damals wurde die Wäsche vornehmlich von Frauen gemacht).

Und gerade die Arbeit mit dem Waschbrett war ein mühseliges Unterfangen. Es ging bis hin zu blutigen Händen durch das Schrubben der Wäsche. Abhilfe konnte eines meiner gezeigten Fundstücke liefern: Der Waschhobel (siehe hier: https://alltagserinnerungen.de/der-waschhobel)

Zu Beginn gab es eine Garantie bei Schäden.

Ungewöhnlich für diese Zeit gab die Firma Henkel eine Garantie für Schäden, welche durch das Waschen mit dem neuen Waschmittel entstanden. Ob diese Garantie oft ausgezahlt werden musste, konnte ich nicht recherchieren.

Der Name des „Wundermittels“ lautete „Persil“.
Zusammen gesetzt aus den Hauptbestandteilen des Waschmittels „Perborat“ und „Silikat“.

Genanntes Perborat wurde als Bleichmittel genutzt und das Silikat war der Löser des vorhandenen Schmutzes auf der Wäsche.

Nicht überall war man glücklich ob jener Wortwahl.
So gab es bereits im benachbarten Frankreich eine Seife mit dem klingenden Namen „Le Persil“, was auf die Petersilie anspielte. Dies führte zu längerem Zögern des Kaiserlichen Patentamtes bei der Anerkennung des neuen Markennamens.

Dem Erfolg der Marke Persil brachte dies keinen Abbruch.

Probleme vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Jules Ronchetti veräußerte seine Marke Le Persil an die englische Firma Lever Brothers. Diese gelangte im Jahr 1919 auch in den Besitz der Lizenz zum Vertrieb von Persil in Groß-Britannien. Acht Jahre später vereinbarten die Henkelwerke in einem Vertrag, dass die Marke Persil von Lever in Groß-Britannien und Frankreich und von Henkel im Rest der Welt verwendet werden durfte.

Einen weiteren Rückschlag gab es in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die damalige Reichsregierung führte ein Einheitswaschmittel ein, Persil durfte nicht mehr hergestellt werden.

Die Erfolgsgeschichte von Persil konnte hierdurch nicht aufgehalten werden.

Reklame führt zum weitreichenden Erfolg.

Bereits ab 1908 begann die Firma mit einer umfangreichen Reklamekampagne für das neue Produkt. Menschliche Reklametafeln liefen durch die Städte, Flugzeuge schrieben den Persil Schriftzug an den Himmel und es gab sogar eigene Persil-Schulen um die potentiellen Nutzerinnen in die Nutzung des Waschmittels einzuführen.

Höhepunkt war sicherlich ein abendfüllender Kinofilm mit dem Namen „Wäsche – Waschen – Wohlergehen“. Langweilig? Damals scheinbar nicht, mehr als 30 Millionen sahen diesen Film rund um die Wäsche. Man stelle dies sich heute einmal vor.

Besonders schön finde ich die Geschichte eines Films aus dem Jahr 1948.
Die Tiere am Pol sind alle weiß, bis auf einen Bären, welcher in eine Pfütze fiel. Der Arme. Glücklicherweise kam ein Schiff vorbei und die Matrosen hatten Persil an Bord – Du ahnst das Ergebnis *lach*

Zurück in die Gegenwart.

Auch heute ist Persil weltweit eines der bekanntesten und erfolgreichsten Waschmittel. Was sich nicht geändert hat, in Frankreich und Groß-Britannien wird es von Unilever vertrieben.

Die Fotos von meinem Fundstück habe ich Dir im Artikel bereits gezeigt. Jetzt gehen wir noch etwas näher darauf ein.

Meine 250 Gramm Packung hat die Maße 16 cm auf 8 cm mit einer Tiefe von 3 cm. Auf der Vorderseite ist ganz oben der Hinweis „Dort öffnen“ zu finden.

Auf grünem Feld findet sich die Schrift „Persil“ und direkt darunter „Selbsttätiges Waschmittel“.
Ebenso prominent ist der „Henkel“ Schriftzug auf rotem Oval zu finden.

Es folgen die Slogans „Das bewährte Waschmittel für alle Wäsche“. Der Hinweis „Ohne Chlos“ und „Nur für den Verkauf in Deutschland!“.

Die Schmale Oberseite trägt nur den Schriftzug „Henkel & Cie. A.-G. Düsseldorf“. Gegenüberliegend ist lediglich der Name „Persil“ aufgedruckt.

Mehr Informationen befinden sich auf den schmalen Längsseiten. Einmal Hinweise für die Feinwäsche und gegenüberliegend die Hinweise für die Buntwäsche. Dazu der Preis der Packung von 30 Pfennige.

Die Rückseite zeigt wieder den Persil-Schriftzug und den Löwen als Markenzeichen. Mittig ist die Gebrauchsanweisung für Weiß- u. Grobwäsche aufgedruckt.

Die Gebrauchsanweisungen

 

Weiß- und Grobwäsche:

Vorheriges Einweichen ist immer empfehlenswert, Stärkewäsche besonders gut einweichen! Weiße und bunte Wäsche beim Einweichen und Waschen getrennt behandeln! Stets weiches Wasser verwenden. Regenwasser ist weich; anderes Wasser vor Gebrauch enthärten. – Übermäßiges Reiben, Bürsten, Wringen sowie zu starkes Kochen vermeiden. Reichlich Lauge nehmen.

Inhalt reicht für 2 ½ bis 3 Eimer = 25 bis 30 Liter Wasser. Verrühre die erforderliche Menge Persil ganz in etwas kaltem Wasser und gib diese Lösung in den mit kaltem Wasser gefüllten Kessel. Lege die (vorher mit Henke eingeweichte) Wäsche in die kalte Lauge und lasse eine Viertelstunde kochen. Spülen: zuerst warm (weiches Wasser nehmen), dann lauwarm und kalt. Persil desinfiziert schon in schwachwarmer Lauge; es ist daher das ideale Waschmittel für Wöchnerinnen-, Kinder- und Krankenwäsche.

Persil verhütet schädliche Ablagerungen der Härtebildner des Wassers im Gewebe. Persil-gepflegte Wäsche ist angenehm weich und fördert das körperliche Wohlbefinden.

 

Feinwäsche:

Kalt waschen, niemals heiß! Vorher Waschechtheit prüfen. 1 Eßlöffel Persil auf je 2 Liter Wasser. Leicht durchdrücken, nicht reiben u. nicht zerren. Sofort gut spülen, vorsichtig ausdrücken, dann mehrmals in Tücher ein- und ausrollen. Wirk- und Strickwaren in Form ziehen und liegend trocknen. Ofen- und Sonnenhitze meiden.

 

Buntwäsche:

Kurz in einer kalten Lösung von Henko Bleichsoda einweichen, dann in gut warmer Persillauge durchwaschen, nicht kochen. Sorgfältig spülen, erst warm, dann kalt, bis Wasser klar bleibt. Nasse Buntwäsche nicht aufeinander liegen lassen, sondern gleich trocknen. Starkes Reiben, Bürsten, Wringen vermeiden.

 

Ganz schön kompliziert.

Und was hat es mit dem Persilschein auf sich?

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges begannen die Siegermächte in Deutschland und Österreich damit, die öffentlichen Verwaltungen oder auch Unternehmen zu Entnazifizieren. Hierdurch sollten Personen die der NSDAP oder anderen NS-Organisationen angehörig waren und deren Handlungen Vorschub geleistet haben bestraft werden.

Um einer solchen Bestrafung zu entgehen, reichten belastete Personen bei den zuständigen Spruchkammern Entlastungsschreiben ein, um sich quasi „reinzuwaschen“. Der Volksmund sprach hier schnell von Persilscheinen, welche die braunen Flecken abwuschen.

Auch heute noch findet der „Persilschein“ in anderen Zusammenhängen als Wort Verwendung.

Ein schönes Fundstück, wahrscheinlich aus der Zeit um 1930. Aber ich lasse mich gerne etwas besserem Belehren.

Bleib interessiert.

Björn
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